Die Frage, ob die aktuellen, an die XBB.1.5-Variante angepassten Covid-19-Impfstoffe die derzeit zirkulierenden Virusvarianten ausreichend effizient neutralisieren, wird kontrovers diskutiert. Jetzt deuten die Daten einer aktuellen Studie an, dass die aktuellen mRNA-Impfstoffe eine starke neutralisierende Immunantwort gegen SARS-CoV-2-Varianten induzieren, die derzeit zirkulieren – insbesondere gegen die sich schnell ausbreitenden Varianten HV.1, HK.3, JD.1.1 und JN.1.
Immer wieder schafft es SARS-CoV-2, unter dem Druck eines robusten Immunstatus der Bevölkerung durch Mutationen Immunmechanismen zu umgehen. Aus diesem Grund müssen Impfstoffe immer wieder an die neuen Varianten angepasst werden. Zum Zeitpunkt ihrer Zulassung zirkulieren jedoch meist ganz andere Varianten als diejenige, die als Vorlage für den aktuellen Impfstoff diente. Da stellt sich die Frage, ob die angepassten Impfstoffe auch gegenüber den aktuell zirkulierenden Varianten wirksam sind. Diese Frage wird nun in einer neuen Studie, die zunächst noch als Preprint auf dem »BioRxiv- Server« veröffentlicht wurde, erfreulich positiv beantwortet. Forschende um Dr. Qian Wang vom Aaron Diamond AIDS Research Center an der Columbia University in New York untersuchten die Immunantworten von drei klinischen Kohorten, von denen zwei mit einem monovalenten mRNA-Impfstoff geimpft wurden, der an die XBB.1.5-Variante von SARS-CoV-2 angepasst war. Insgesamt nahmen 60 Personen an der Studie teil. Alle hatten zuvor drei bis vier Dosen des monovalenten Wildtyp-mRNA-Impfstoffs, gefolgt von einer Dosis eines bivalenten BA.4/BA.5 mRNA-Impfstoffs, erhalten. In der ersten Kohorte waren 16 Personen eingeschlossen, bei denen keine SARS-CoV-2-Infektionen festgestellt worden waren und die eine monovalente XBB.1.5 Impfstoffauffrischung erhalten hatten. Die zweite Kohorte bildeten 19 Personen, die sich kürzlich mit der XBB.1.5-Variante infiziert hatten, ohne mit dem aktuellen Impfstoff geimpft worden zu sein. In der dritten Kohorte waren insgesamt 25 Personen eingeschlossen, die sich alle infiziert hatten und die danach mit dem neu angepassten Impfstoff geimpft worden waren. 15 dieser Personen hatten sich mit einer Variante infiziert, die vor dem Auftauchen der XBB.1.5-Variante zirkulierte, und zehn Personen hatten sich mit der XBB.1.5-Variante infiziert. Generell gute Induktion neutralisierender Antikörper Mithilfe pseudotypisierter Varianten des Vesikuläres Stomatitis-Virus (VSV) für die neuen Omikron-Subvarianten HV.1, HK.3, JD.1.1 und JN.1 sowie für die älteren Varianten D614G, BA.5, XBB.1.5, EG.5.1 konnten die Forschenden zeigen, dass der an die XBB.1.5-Variante angepasste Impfstoff eine deutliche Bildung neutralisierender Antikörper gegen alle aktuell zirkulierenden SARS-CoV-2-Varianten induziert. Dies gilt insbesondere auch für die sich derzeit schnell ausbreitenden Omikron-Varianten HV.1, HK.3, JD.1.1 und JN.1. Besonders ausgeprägt war der Boostereffekt durch die Impfung mit dem monovalenten XBB.1.5-Impfstoff für die SARS-CoV-2-Variante XBB.1.5 und die neueren Omikron-Subvarianten (7,5- bis 10,6-facher Anstieg der neutralisierenden Antikörper), im Vergleich zu dem D614G-Unsprungsvirus und dem älteren Omikron-Subtyp BA.5 (2,7- und 3,9-facher Anstieg der neutralisierenden Antikörper). Die Forschenden weisen auch darauf hin, dass die Wirksamkeit und das Ausmaß der Antikörper-Induktion für die beiden monovalenten XBB.1.5-mRNA-Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer ähnlich waren. Zudem zeigen die Forschenden, dass der Impfstoff auch eine robuste T-Zell-Antwort induziert, die für die langfristige Immunität wichtig ist. Geringere Auswirkung einer immunologischen Prägung beim Einsatz des neu angepassten Impfstoffs Ungeachtet der Tatsache, dass der Boostereffekt nach der Impfung mit dem monovalenten XBB.1.5-Impfstoff für die neueren Varianten am deutlichsten war, wurden die höchsten Titer an neutralisierenden Antikörpern nach wie vor gegen D614G und BA.5, und nicht etwa gegen XBB.1.5 gemessen. Dieses Ergebnis zeigt, dass es bei der Auffrischimpfung zu einem erheblichen »Back-Boosting« von Antikörpern gegen frühere SARS-CoV-2-Varianten kommt, was wahrscheinlich die Folge einer immunologischen Prägung durch frühere Impfungen mit dem monovalenten Wildtyp-Impfstoff und dem bivalenten BA.5-Impfstoff ist. Dennoch führte eine Auffrischungsimpfung mit dem monovalenten Impfstoff XBB.1.5 zu einer deutlichen Erhöhung der Serumneutralisationstiter gegen alle getesteten Omikron-Subvarianten, im Gegensatz zur Auffrischung mit dem bivalenten BA.4/BA.5-Impfstoff. Eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung wäre, dass XBB.1.5 genetisch und antigenisch deutlich weiter entfernt vom Ursprungsvirus entfernt ist als BA.5, wodurch die immunologische Prägung bis zu einem gewissen Grad abgeschwächt sein könnte. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist jedoch die Tatsache, dass der neue, an XBB.1.5 angepasste Impfstoff ein monovalenter Impfstoff ist, der nicht mit Antigenen der älteren Varianten kombiniert wurde. Die Ergebnisse der Studie stärken in jedem Fall die Empfehlung, den aktualisierten Covid-19-Impfstoff breit einzusetzen, um in der Bevölkerung einen guten und aktuellen Immunstatus zu etablieren. DOI: 10.1101/2023.11.26.568730 Quelle: Pharmazeutische Zeitung
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